Text Herwig Korbel und Georg Gaulhofer
Fotos Herwig Korbel
Die Höhle
Der Kluftschacht liegt östlich des Herrenbodens, auf der Tonionalpe im Mariazellerland, Steiermark: Höhlenkatasternummer 1762/23. Die Höhle ist ein Schacht mit 10 - 12m Tiefe. Vermessen wurde die Höhle von Pauline Obereder und Lukas Plan am 12.10.2019. Dabei bemerkten sie das Müllproblem.
Die Aufgabe
Die Höhle vom Müll befreien und den Müll auf eine Deponie der Gemeinde Mariazell bringen. Die Reinigung des Kluftschachtes erfolgt im Rahmen der Aktion Saubere Höhlen des Verbandes Österreichischer Höhlenforschung VÖH.
Datum
Die Höhlenreinigung erfolgte am 1.9.2023. Dauer der Arbeiten von 8:00 bis 17:00
Personen vor Ort
An der Reinigung vor Ort waren 10 Personen beteiligt. Dabei haben 5 Personen die Höhle auch befahren, um sie vom Müll zu befreien. Details zu den beteiligten Personen, Vereinen und Behörden weiter unten.
Hinten links Luigi Schoelnhammer, hinten rechts Martin Schneck. Mitte von links nach rechts: Georg Gaulhofer, Thomas Gundacker, Katharina Bürger, Peter Tributsch. Vorne von links nach rechts: Monika Plenk, Florian Gundacker, Herwig Korbel, der nicht unhöflich mit dem Handy spielt, sondern damit die Kamera bedient.
Material und Equipment
Eine Akkuseilwinde, 5 Big Bags, viele Müllsäcke, ein VW-Transporter und andere Transportfahrzeuge für Personen und Material, Kletterseile, Schleifsäcke, Schliefanzüge, Schutzhelme, Stirnlampen ... also die übliche Ausrüstung für die Höhlenbefahrung ... und ein Hornschlitten, der dann noch eine besondere Bedeutung bei einem heiklen Rettungseinsatz kriegen sollte. Deshalb sind auf dem Gruppenfoto auch nur 9 statt 10 Personen zu sehen. Details zu diesem Vorfall weiter unten.
Die Bilanz der Höhlenreinigung
Achtundzwanzig 100-Liter Müllsacke auf dem VW-Transporter der Gemeinde Mariazell und eine wieder saubere Höhle!
Viele Aludosen, viel Glas, etwas Plastikmüll, ein voller Plastiksack vollkommen korrodierter Batterien, ein nicht identifizierbares, batteriebetriebenes Haushaltsgerät in originalem Retrochic, noch ungeöffnete Dosen Xyladecor Holzschutzlasur, eine Luftmatratze, und vor allem noch zwei ungeöffnete Dosen Ottakringer Pils Leichtbier mit Ablaufdatum 1983. Das weckte ungemein die Neugier manch Bierliebhaber!
Unsere wagemutigen Bierverkoster Peter, Martin und Monika kamen alle drei zum selben Urteil: Das Bier schmeckt immer noch wie Bier und war noch keineswegs untrinkbar. "Bitter" meinte Monika, was bei einem Pilsbier aber nichts ungewöhnliches ist. Ein erstaunliches Ergebnis! Das liegt vielleicht daran, dass die Höhle über einen großen Teil des Jahres im Schnee liegt, sozusagen ein natürlicher Kühlschrank ist. Eigentlich perfekte Getränkelagerbedingungen.
In den steirischen Karstgebieten gibt es über 4000 Höhlen, die eine wesentliche Grundlage für die Trinkwasserreserve des Landes darstellen. Aber der Karst hat so gut wie keine Reinigungsfunktion für das durch den Karst fließende Wasser. Verunreinigungen gelangen somit direkt in unser Grund- und Trinkwasser. Müll in Karsthöhlen und -schächten stellt somit eine permanent tickende Bedrohung für unsere so wichtigen Wasserreserven dar. Am Ende des Berichtes finden Sie ein paar interessante Links zu diesem Thema.
Eine Müllhöhle weniger - aber es gibt noch viel zu tun
Eine dieser Müllhöhlen, den Kluftschacht auf der Tonionalpe, haben wir jetzt im Rahmen dieser Gemeinschaftsaktion vom dem Müll befreit, der dort schon seit Jahrzehnten liegt. Somit gibt es nun eine von immer noch viel zu vielen Müllhöhlen weniger. Es gibt noch viel zu tun!
Welche Dimension das Problem der Müllhöhlen in Europa hat, zeigt eine Karte auf der Website der europäischen Initiative Clean up The Dark.
Es gab Zeiten, in denen in den Bergen systematisch Müll in Höhlen und Schächten entsorgt wurde. Im Kluftschacht wahrscheinlich von den Haltern (Sennern) der Alm am Herrenboden und/oder den Jägern der in der Nähe gelegenen Jagdhütte. Es ist definitiv kein Müll von Wanderern. Auf Grund des Mülls lässt sich der Zeitraum der Müllablagerungen in die 80er-Jahre und vielleicht frühen 90er-Jahre datieren. Für die von uns, die in dieser Zeit aufgewachsen sind, war es eine interessante Reise in die Design-Vergangenheit der Getränkedosen und -flaschen.
Die 80er-Jahre lassen grüßen. Die meisten Dosen wurden noch mit dem älteren Ring-Pull-Tab geöffnet. Das heute verwendete Stay-On-Tab System, das in Österreich in den 90er Jahren aufkam, ist uns nicht aufgefallen.
Frühere Zeiten - frühere Sitten
Die Almhütte am Herrenboden und die Jagdhütte waren, im Gegensatz zu heute, auch noch nicht mit der Forststraße erschlossen, und viel schwerer zu erreichen: Die einfachste Lösung für zu entsorgenden Müll waren damals die Schächte und Höhlen der Umgebung. Aus den Augen, aus dem Sinn!
Das soll jetzt an dieser Stelle kein großer Vorwurf sein; der Müll im Kluftschacht spiegelt nur den damaligen Zeitgeist wider. Das Bewusstsein für den Schutz und den Erhalt der Umwelt war damals bei weitem noch nicht so ausgeprägt wie heute.
Die Zeiten haben sich geändert, die Sitten auch. In der Höhle befand sich kein Müll, der aus den 2000er-Jahren stammt. Heute ist wichtig, dass die Sünden aus dem vorigen Jahrhundert in dieser Höhle beseitigt sind.
Müllhöhlen - ein internationales Problem
Das Problem der Müllhöhlen ist aber kein lokales Phänomen, sondern ein internationales Problem. Einen interessanten Artikel aus einer schweizer Zeitung finden Sie am Ende unter den Links.
Idee und Anstoß kamen von Pauline Oberender, Fachsektion Karst- und Höhlenschutz, und Katharina Bürger, Höhlenschutzreferentin und Vertretung des VÖH beim Umweltdachverband. Bei der letzten Vermessung der Höhle am 12.10.2019 wurde festgestellt, dass die Höhle im wahrsten Sinne des Wortes zugemüllt war.
Vom VÖH vor Ort dabei waren Katharina Bürger, Thomas Gundacker, Kassier des VÖH. Thomas hat zur tatkräftigen Unterstützung seinen 13-jährigen Sohn Florian mitgebracht.
Katharina Bürger beim Abstieg in den Kluftschacht. Katharina, Biologin, erforscht beim VÖH die Fledermauspopulationen in Höhlen und Kirchen.
Planung, Koordination und Organisation der Reinigungsaktion erfolgte durch den Vereinsobmann des HVHM Georg Gaulhofer. Vom HVHM vorort mitbeteiligt waren: Georg Gaulhofer, Monika Plenk, Ludwig Schoelnhammer, Peter Tributsch, Martin Schneck und der Fotograf Herwig Korbel, der den journalistischen Teil machte.
An Material stellte der HVHM die Big Bags zur Verfügung. Die Big Bags waren eine große Hilfe, mehrere Müllsäcke auf einmal effektiv aus der Höhle, und von der Höhle zum Transporter zu schaffen.
Monika Plenk, Luigi Schoelnhammer und Georg Gaulhofer beim Transport der gefüllten Big Bags von der Höhle zum Transporter. Wegstrecke von der Höhle durch den Wald geschätzte 150 bis 200m.
Foto: Luigi Schoelnhammer
Herwig hat breite Schultern und ist nicht nur zum Fotografieren dabei. Der Schlitten muss auch wieder zur Höhle zurück, um ihn mit den nächsten Big Bags zu beladen.
Unterstützung von der Berg- und Naturwacht hatten wir vor Ort durch Andreas Lasinger, und im Vorfeld bei der Organisation durch Walter Egger.
Andreas hatte die blende Idee, seinen Hornschlitten mitzubringen. Es wäre viel mühsamer gewesen, die blauen Müllsäcke einzeln zum Transporter zu tragen, oder auch die Big Bags über Stock und Stein zum Transporter zu schleifen.
Dass wir seinen Schlitten brauchen würden, um ihn selbst mit einer tiefen Schnittverletzung transportieren zu können, damit hätte weder er noch wir gerechnet. Für den Mülltransport war der Schlitten hilfreich, für den Verletztentransport unverzichtbar!
Andreas Ford Ranger und der Hornschlitten. Später war der Ranger dann Verletztentransporter. Peter Tributsch und Georg Gaulhofer führten Andreas mit der Schnittverletzung zum Niederalpl, wo ihn die Rettung zur weiteren Versorgung übernahm.
Der ÖBRD hat uns die Akku-Seilwinde zur Verfügung gestellt. Vom ÖBRD für Canyoningeinsätze angeschafft, bestand die Seilwinde diesen Einsatz mit Bravour. Mit der Seilwinde war es ein leichtes, die vielen vollen Big Bags aus dem Schacht nach oben zu ziehen.
Eine glückliche Fügung war, dass Peter Tributsch, Orststellenleiter des ÖBRD Mariazellerland, und Martin Schneck, ebenfalls Bergretter beim ÖBRD, vor Ort waren, als Andreas Lasinger sich verletzte.
Die Akkuseilwinde des Österreichischen Bergrettungsdienstes Mariazellerland. Klein aber ganz schön leistungsfähig. Bis zu 1000 kg dynamische Belastbarkeit.
Grundeigentümer des Kluftschachtes sind die Bundesforste Revier Mariazell. Wir bedanken uns bei Revierleiter Andreas Diepold für die Genehmigung zur Reinigung der Höhle.
Der Zufahrtsweg liegt großteils im Revier Mürzzuschlag. Wir bedanken uns bei Revierleiter Manfred Leodolter für die Öffnung des Schrankens und die freie Zufahrt.
Bei Florian Grießl, dem Leiter der Wirtschaftshöfe von Mariazell, bedanken wir uns, dass uns die Gemeinde den VW-Transporter zur Verfügung stellte, und wir die 28 Müllsäcke auf der Deponie in St. Sebastian zur engültigen Verwertung und Entsorgung übergeben konnten.
Um 8 Uhr in der Früh waren Peter Tributsch, Martin Schneck und Herwig Korbel vor Ort, um die Seilwinde und die Seile für die Höhlenbefahrung vorzubereiten, und das installierte System zu testen, bevor der Rest der Mannschaft um 10 Uhr bei der Höhle eintraf.
Die Vorbereitungsarbeiten führten Peter und Martin, die beiden Kletterprofis, durch. Herwig versuchte, beim Fotografieren nicht allzusehr im Weg zu sein.
Es blieb genug Zeit, dass Peter und Martin den Nichtkletterprofi Herwig in die Höhle abseilen konnten, damit er sich mit der Kamera einen Eindruck vom Müll in der Höhle verschaffen konnte.
Peter Tributsch und Martin Schneck besprechen, wo sie am besten die Seilwinde und die erforderlichen Seile anbringen.
Martin Schneck befestigt alle erforderlichen Seile oberhalb des Einstieges in den Kluftschacht.
Was uns schmeckt, schmeckt auch den Ameisen. Zu den Vorbereitungsarbeiten gehört auch, den Proviant ameisensicher zu machen.
Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, der Testlauf hat perfekt funktioniert, der Rest der Mannschaft kann kommen.
Den Kluftschacht befahren haben vom VÖH Katharina Bürger, Thomas Gundacker und sein Sohn Florian, der in der Höhle eine echte Verstärkung war. Vom HVHM Peter Tributsch und Martin Schneck.
Thomas Gundacker legt sein Kletterzeug und den Schlufanzug (Schlatz) an, um in den Schacht hinabzusteigen
Florian Gundacker seilt sich die 10m in den Schacht ab, um dann stundenlang beim Befüllen der Müllsäcke in der Höhle zu helfen.
Der Schleifsack muss mit. Von Martin Schneck gut geworfen, von Katharina Bürger sicher gefangen. Höhlenforscherakrobatik am Seil. Gut zu erkennen die Fußschlingen, den Hüft- und den Brustgurt, die beim Klettern in der Einseiltechnik von Höhlenforschern verwendet werden.
Peter Tributsch seilt sich in den sich nach unten verjungenden Schacht ab. Bei der Höhlenbefahrung wird mit der Einseiltechnik geklettert.
Diese Aufgabe übernahmen Andreas Lasinger von der Berg- und Naturwacht, Monika Plenk, Georg Gaulhofer, Luigi Schoelhammer und Herwig Korbel, alle vom HVHM, und Thomas Gundacker vom VÖH.
Monika Plenk, Luigi Schoelhammer und Andreas Lasinger übernehmen den Big Bag von der Seilwinde, um diesen dann auf den Schlitten zu bringen.
Luigi Schoelhammer und Monika Plenk sichern die drei Big Bags mit Spanngurten, bevor es die 150m durch den Wald nach unten zur Straße geht.
Monika Plenk und Georg Gaulhofer. Das deutlich abfallende Gelände macht die Arbeit nicht einfacher. Seit der Schnittverletzung von Andreas Lasinger ist beim Handhaben der gefüllten Big Bags große Vorsicht geboten.
Die Seilwinde des Österreichischen Bergrettungsdienstes bedienten abwechselnd Martin Schneck und Peter Tributsch vom HVHM.
Martin Schneck, konzentrierter Blick. Noch liegt das Seil ohne Spannung am Boden. Bald kommt das Signal, dass wieder ein voller Big Bag aus dem Schacht nach oben gezogen werden kann.
Leider zog sich Andreas Lasinger von der Berg- und Naturwacht beim Beladen des Hornschlittens mit den Big Bags schon relativ früh eine tiefe Schnittverletzung am Unterschenkel zu, verursacht durch einen spitzen Gegenstand, der den Big Bag durchstieß. Die Schockreaktion führte zu einem Komplettzusammenbruch des Kreislaufes. Durchaus kritische Momente.
Andreas hatte zweifaches Glück im Unglück:
Peter organisierte und koordinierte routiniert den Rettungseinsatz. Als Rettungseinsatzleiter strahlte er Ruhe aus und hatte immer alles im Blick und im Griff. Peter und Georg Gaulhofer fuhren Andreas dann mit seinem Privatauto, dem Ford Ranger, zum Niederalpl, wo der Rettungswagen des Roten Kreuzes den Verletzten übernahm.
In Gesundheitszentrum Mariazell wurde die Wunde dann vom ärztlichen Leiter Dr. Patrick Killmaier mit 9 Stichen genäht. Am Abend wollten wir sehen, wie es Andreas geht, und besuchten ihn in seinem Gasthaus Eder. Andreas war in alter Manier schon wieder zum Scherzen aufgelegt, und servierte uns, hinter der Schank stehend, ein das verdient erfrischende Bier. Danke Andreas!
Zufrieden mit dem Ergebnis der Reinigungsaktion begaben wir uns nach einem Tag Arbeit zur Almhütte auf dem Herrenboden zu Marianne und Karl und genossen zufrieden die schöne Abendstimmung am Herrenboden unterhalb der Tonion. Besonders interessant war, in den Hüttenbüchern die Eintragungen der Höhlenforscher zu lesen, die in den letzten Jahrzehnten das Höhlensystem im Bereich der Tonion erforschten, und den Anekdoten Karls zu lauschen. Danke Marianne, danke Karl für den gemütlichen Ausklang! Danke an alle, die zur erfolgreichen Höhlenreinigung beigetragen haben!
Unser Eintrag im Hüttenbuch der Halterhütte am Herrenboden.
Informationsblatt der Steiermärkischen Landesregierung (PDF)
Ein Zeitungsartikel aus dem Schweizer Tagblatt
Aktion Saubere Höhle des Dachverbandes Österreichischer Höhlenforschung VÖH
Clean Up the Dark - Internationale Initiative zur Reinigung von Höhlen im Karst
Die Website der Initiative Clean Up the Dark zeigt die internationale Dimension des Problems vermüllter Höhlen.
Verband Österreichischer Höhlenforschung VÖH
Wir, der Höhlenverein Hohlenstein Mariazellerland, sind Mitglied beim VÖH und bei den Schauhöhlen Österreichs.
Berg- und Naturwacht Steiermark
Bergrettung Steiermark - Österreichischer Bergrettungsdienst
Österreichische Bundesforste
Die Biologin Katharina Bürger, die diese Reinigungsaktion mitinitiiert hat, ist beruflich Fledermaus- und Höhlenforscherin. Es gibt eine interessante, sehr umfangreiche Website zur Fledermausforschung in Österreich.
Die Fledermausforschung in Österreich
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